Page 10 - Blutritt Weingarten 2017
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Blutritt in Weingarten
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de an. So entstand wahrscheinlich der heute noch bestehende Ritt mit dem Allerheiligsten in der Monstranz. Aber auch aus dem Umritt oder Umgang um die Gemeindemarkung kann der Blutritt abgeleitet werden. Der Umritt geht auf das Heidentum zurück, wo der Jupiter Terminus, des Gott der Grenze, dem alle Grenzsteine geheiligt waren, verehrt wurde.
Zu den Grenzsteinen und um sie herum zogen jährlich im Frühjahr die Menschen und brachten Opfer dar, damit die Grenzen immer in Erinne- rung gehalten und ihre Verletzung als ein Frevel gegen die Götter betrachtet würde. Damit sollten auch kriegerische Händel gebannt werden.
Da die Grenzsteine auch die Lände- reien der einzelnen Bürger voneinan- der trennten, sollte ihre Unverletzlich- keit Frieden im Innern bewirken. Bis ins 17. Jahrhundert war in Weingarten mit dem Heilig-Blut-Ritt eine Grenzumge- hung verbunden.
Es gab damals ein etwas eigenwil- liges Verhalten. Väter zogen mit ihren volljährig gewordenen Söhnen um ihr Gebiet herum und gaben an markanten Punkten ihren Sprösslingen Ohrfeigen, damit sich jene im späten Alter noch daran erinnerten, an welchem Platz sie „markiert“ worden waren.
Und an manchen Orten in der Schweiz, aber auch in Deutschland, wurde diese Sitte sogar bis ins 19. und 20. Jahrhundert beibehalten. In der Ge- gend um Basel und in Würzburg ziehen der gleichen Woche, in der in Weingar- ten der Heilig-Blut-Ritt stattfindet, die Lehrer mit ihren Schülern ums Gebiet
und schauen nach den Grenzsteinen, allerdings werden dabei heute keine Ohrfeigen mehr verteilt, sondern die Schüler müssen sich nur auf die Grenz- steine setzen.
Auch in manchen Teilen Württem- bergs ließ sich der Brauch, eine Ohr- feige beim Setzen von Grenzsteinen zu geben, bis in die fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts hinein nachweisen. Die Ohrfeige sollte ein spürbares Erin- nerungszeichen sein.
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass am Freitag nach Christi Himmelfahrt
in vielen Orten und Klöstern Prozes- sionen stattfanden. So zogen z.B.
die Mönche des Benediktinerklosters Mehrerau in Bregenz während der Barockzeit an die Bregenzer Ach. Dabei segnete der Prior das Wasser mit ei- nem Kreuz und senkte es in die Fluten, darum bittend, Gott möge Felder, Wäl- der, Weinberge, Gebäude, Mensch und Tier vor jedem Unglück durch Wasser bewahren.
Heilig-Blut-Reliquie
In der Reliquie befinden sich Bluts- tropfen aus der durch Lanzenstiche verursachten Seitenwunde Christi, das mit der Erde Golgathas vermischt ist.
Die Reliquie wird im Jahre 804 aus- drücklich erwähnt, als Papst Leo III. auf dem Weg nach Crecy bei Reims im Auftrag Karls des Großen in Mantua Halt machte und nach dem Verbleib forschte. Auch Hermann der Lahme, Mönch des Klosters Reichenau berich- tet 1048, das die Reliquie, die wahr-