Page 12 - Blutritt Weingarten 2017
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Blutritt in Weingarten
scheinlich während der Sarazenen- einfälle versteckt worden war, in der seit der Antike bedeutenden oberitalie- nischen Garnisonsstadt Mantua wieder gefunden worden sei.
1049 wurde die kostbare Reliquie geteilt: ein Partikel erhielt Papst Leo IX., den zweiten Teil der Herzog von Mantua, den dritten Partikel Kaiser Heinrich III. Der schenkte es, kurz bevor er 1036 starb, Balduin von Flan- dern. Von ihm erhielt es 1069 seine Tochter Judith und von dieser im Jahr 1094 das Kloster Weingarten.
Diese Begebenheiten sind auf den Heilig-Blut-Tafeln, die vermutlich aus dem 17. Jahrhundert stammen, links und rechts vom Aufgang zu den Tür- men in der Basilika dargestellt.
Dabei wird die Longinus-Legende miteinbezogen, um den Verbleib der Reliquie im Laufe der Jahrhunderte zu erklären. Es ist tatsächlich möglich, dass ein Soldat das Blut Christi aus Palästina nach Mantua, der Stadt am Mincio, gebracht hat. Aber es muss nicht der römische Hauptmann gewe-
sen sein, den die Legende zu Longi- nus, zum Lanzenträger, gemacht hat. Zugleich wird die Heilkraft des Blutes Christi unterstrichen, wenn einem Blinden vor der Auffindung der Reli- quie versprochen wird, er werde das Augenlicht wieder erlangen, genau wie in den Heiligenlegenden vor Erhebung oder Übertragung des Toten, der ei- nem Kranken im Traum erscheint und jenem die Gesundheit verspricht.
Heilig-Blut-Reliquiar
Das 35 Millimeter lange und zwei Millimeter breite Stäbchen, Blut Christi mit Erde von Golgatha vermischt, war ursprünglich in einem Linnen aufbe- wahrt, bis Abt Berthold (1200-1232) die Reliquie in die heute noch übliche Form fassen ließ. Dazu hatte ihn viel- leicht die Vorderseite der vermutlich auf der Reichenau um 962 entstande- nen Kaiserkrone angeregt, die heute in der weltlichen Schatzkammer der Hof- burg in Wien aufbewahrt wird und die
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Wappen der Reichsabtei Weingarten
Longinusstatue im Petersdom in Rom