Page 72 - Blutritt Weingarten 2017
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Blutritt in Weingarten
Warum das Ganze?
Es regnet, es ist zu warm, es liegt Schnee, die Übernachtung ist unbe- quem, ich bin schlecht rasiert und nach dem Absitzen vom Pferd hundemüde.
Da kommt schon einer der Blutrei- terkameraden und vermeldet, „es war schön“. War es das wirklich – zum 20sten Mal? Warum mache ich das eigentlich mit? Immer das Gleiche.
Die Antwort ist schwierig. Und sehr individuell. Es ist zum einen das Erleb- nis des Hinkommens nach Weingarten, also des Reitens oder Fahrens durch das frühlingsfrische Oberschwaben mit den blühenden gelben Rapsfeldern und dem leuchtenden Frühjahrsgrün. Es ist die unmittelbare Kameradschaft in den Blutreitergruppen. Man trifft sich, um vorurteilsfrei zu verdeutli- chen, dass jeder für sich und in der Gemeinschaft irgendwie christlich lebt.
Man reitet durch und um Weingar- ten. Spannend der Ritt durch die Stadt. Komme ich gut mit meinem Pferd zurecht? Mein Pferd mit der lauten
Musik und den vielen ungewohnten Begegnungen? Der Ritt hinaus aus der Stadt, es wird ruhig und entspannt, viele beten in der Gruppe oder auch allein. Die Reiterprozession, das merkt man jetzt, ist etwas Besonderes. Eine eigenartig gespannte und besinnliche Atmosphäre liegt über dem Zug.
Es kommen Gedanken vom ver- gangenen Jahr, was hat alles gut oder nicht geklappt, wo hat man Glück gehabt und was hat man falsch ge- macht. Zeit zu reflektieren und voraus zu denken. Man kann Vorsätze fassen, sich auf bevorstehende Aufgaben und Vorhaben einstellen.
Viele Reiter sind von der segnenden Kraft der Heilig-Blut-Reliquie über- zeugt. Gottesdienste, die Atmosphäre von Christi Himmelfahrt und Blutfrei- tag, der Blick zur Basilika und die Aus- sicht durchs weit geöffnete Portal über das Schussental hinaus. Der Blutritt, das Gebet und die Besinnung geben vielen Kraft und Zuversicht für die Auf- gaben des kommenden Jahres.
Ich komme wieder!
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Blutreiter im Gegenlicht
Abmarsch nach Hause